Der Dezember 1910 ist ungewöhnlich mild und regnerisch. Wenige Tage vor Weihnachten eilt der 23-jährige Walther Mogk in Leipzig mit hochgeschlagenem Mantelkragen zum Fotografen Bellach in die Gellertstraße. Er hat sich dort fotografieren lassen und holt nun die Abzüge ab. Eines der Bilder ist als Geschenk für seine Freundin Lotte bestimmt; zu Hause angekommen schreibt er in seiner schönsten Handschrift auf die Rückseite: „Das Glück des Herzens ist der Schlüssel zum Herzen der Menschen. Lotte Sinz in Freundschaft.“ Den Spruch hat Walther irgendwann bei seiner Mutter Margarete aufgeschnappt.
Walther lebt mit seinen beiden Brüdern Helmut und Werner (?) noch bei den Eltern; sein Vater Eugen ist Professor für Nordische Philologie an der Universität Leipzig. Die Familie wohnt in der Färberstraße 15 im Parterre; später wird sie in die Grimmaische Str. 32 umziehen. Der Winter beschert Walther eine geruhsame Zeit. Dann drosseln die Pflanzen, die der junge Biologe seit anderthalb Jahren am Botanischen Institut beobachtet, ihren Wuchs. Mogk will herausfinden, wie das Wachstum von Knospen, Wurzeln und Sprossen voneinander abhängt. Es wird aber noch drei Jahre dauern, bis er seine Abhandlung „Untersuchungen über Korrelationen von Knospen und Sprossen“ einreichen kann. 1914 erscheint die knapp 100-seitige Schrift endlich im Verlag Engelmann. Kaum ein Jahr später, 1915, zieht Mogk als Soldat in den Ersten Weltkrieg – und fällt wenig später an der Westfront in Frankreich.
Walther Mogks Bruder Helmut
Auch Mogks neun Jahre jüngerer Bruder Helmut wird 1915 zum Kriegsdienst eingezogen. An der Westfront erlebt er den Grabenkrieg von Verdun – und überlebt. Er studiert Naturwissenschaften und Philosophie und wird schließlich Bibliotheksrat an der Leipziger Universitätsbibliothek. 1939 wird Helmut erneut zum Militär eingezogen, aber schon im ersten Kriegswinter am Knie verletzt und zwei Jahre später als dienstuntauglich entlassen. Nach dem Krieg hilft er maßgeblich bei der Reorganisation der durch Auslagerung geretteten Bestände der Leipziger Universitätsbibliothek und leitet diese von 1950 an. 1959 wird der letzte „bürgerliche“ Direktor abgesetzt. Er hatte entgegen alle Anweisungen auf dem Weg des innerdeutschen Leihverkehrs der Bibliotheken Werke nach Westdeutschland ausgeschleust. Zunächst strafversetzt geht er 1962 in Rente und stirbt 1973.