Ausstellung: Kapitän Melles‘ Fotografien 1928 bis 1930

Der Fund

Bei einer ebay-Suche im Mai 2016 bin ich auf ein Konvolut von rund 200 Glasnegativen im Format 9 x 12 cm gestoßen, die von einem „Kapitän Melles aus Greetsiel“ stammen sollten und habe es ersteigert.

Die Glasnegative kamen in 15 originalen Pappschachteln, alle entsprechend ihrem Alter verschmutzt und mit teils starken Aussilberungen an den Rändern. Zunächst habe ich die Glasnegative so gut es eben ging gereinigt und gescannt. Bei der Nachbearbeitung hat mich meine Fotofreundin Sandra Schubert unterstützt, so dass der Charakter der Bilder bewahrt blieb.

Die Recherche

Ein Karton war handschriftlich mit „F. Melles“ bezeichnet und offensichtlich im Fotogeschäft Georg Fokuhl in Emden erworben worden. Es fanden sich weitere kleinere handschriftliche Hinweise auf Personen („Frau“, „Kind“).

Weitere Hinweise gaben die Bildern selbst. So ist der Name des Schiffes (Konsul Schulte) und der Reederei Schulte & Bruns („S&B“ auf Schiffs-Schornstein) zu lesen. Auf einem Bild ist der Grabsteins mit den Lebensdaten der verstorbenen Tochter Else Melles (1916 – 1922) zu sehen, ein weiteres Bild zeigt den Silvesterabend 1929 mit einem Pappschild, auf dem „1930“ steht, wodurch eine ungefähre zeitliche Einordnung möglich wurde.

In einer Monate dauernden Recherche konnte ich – zum Beispiel mit Hilfe des Einwohnermeldeamtes in Hinte – die Person Folkert Melles (1890 – 1954) ermitteln und seine Nachfahren ausfindig machen. Diese waren schnell bereit, an dem Projekt mitzuarbeiten. Bei einer Recherchereise im Herbst 2016 bekam ich mit der engagierten Unterstützung durch die Enkelin Folkert Melles‘ Zugang zu Archiven, Zeitzeugen, privaten Orten und Dokumenten, die die interessanten, spannenden und auch anrührenden Geschichten hinter den Fotografien ans Tageslicht brachten. Unterstützung fand ich auch bei dem Emder Verein „Freunde der Seefahrt“ und anderen lokalen Institutionen, die viel zur Geschichte der Seefahrt in der damaligen Zeit beitragen konnten.

Die Bilder

Die Aufnahmen bestechen nicht nur durch ihre künstlerische Qualität und Ausdruckskraft, sondern auch durch die Mischung der Motive: Melles hat in seinem privaten Umfeld ebenso fotografiert, wie in seinem beruflichen. Als Schiffsoffizier auf dem Dampfer „Konsul Schulte“ der Reederei Schulte & Bruns in Emden hielt er den Alltag auf einem Frachtschiff Ende der 1920-er Jahre in Bildern fest.

Eine zweite Kategorie bilden Privataufnahmen von Feiern und Ausflügen im Kreise seiner Familie in Greetsiel, Hinte oder Emden, zu denen Krabbenfischer, Gärtner oder Schuhmacher gehörten. Einen besonderen Reiz üben vor allem die Bilder aus, die Melles und seine kleine Vater-Mutter-Kind-Familie in ihrer Freizeit, etwa bei Radtouren, zeigen. Eine dritte Kategorie bilden einige Landschaftsaufnahmen.

Besonders interessant sind die Bilder, in denen sich Arbeit und Privates überschneiden, wo der weibliche Teil der Familie das durchweg von Männern besetzte Bordleben durchdringt – hier eine kleine Auswahl.

 

Ausstellung und Buch

Im Frühling 2019 soll an verschiedenen Orten Ostfrieslands eine Auswahl der Bilder gezeigt werden. Dazu ist ein Begleitbuch geplant, in dem aus verschiedenen Perspektiven Geschichten aus dem Leben der Familie Melles in den 1920er-Jahren und deren beruflichem wie privatem Umfeld erzählt werden. Grundlage dafür sind neben den Fotografien die Ergebnisse der umfangreichen Recherchen vor Ort.

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